Ich stelle immer wieder fest, dass es sehr unterschiedliche Vorstellungen davon gibt, was „Natur“ ist. Und dementsprechend auch viele Missverständnisse, was dann eigentlich „Natur-Schutz“ ist….
Für viele Menschen ist Wald die einzig wahre Natur. Aber kennen wir einen „natürlich“ aufgewachsenen Wald? Abgesehen von den Heiligen Hallen – ein 25Hektar kleines Waldstück, das sich seit dem 30-jährigen Krieg vermutlich selbst etabliert hat und zumindest seit Ende des 19. Jahrhunderts ohne menschlichen Einfluss, also sich selbst überlassen ist. Ansonsten kennen wir nur geregelte Forstwirtschaft, Holzplantagen angelegt in viereckigen Forstrevieren, meist auf Flächen, die bis zum 19. Jahrhundert noch Offenland waren. In Brandenburg wurden in der Regel Kiefern angepflanzt. Sicherlich gibt es hier und dort kleine Inseln aus Buchenwäldern, reliktartig eingestreute Eichenwälder, Moorwälder, Ulmen-Hang- oder Auenwälder aus natürlicher Sukzession.
Aber wie würde unsere Landschaft aussehen, wenn nicht mehr als die Hälfte des Landes landwirtschaftlich genutzt wäre, wenn nicht alle Flüsse begradigt und eingedeicht wären, Niedermoore entwässert, Wälder angepflanzt? Wenn Biber machen könnten, was sie wollen, wenn sich Feuer ausbreiten könnten und der Mensch nicht alle großen Säugetiere wie Auerochsen, Wisente, Pferde, Wölfe und Bären ausgerottet oder verdrängt hätte?

Wir können es uns nicht vorstellen, aber mit Sicherheit wäre Mitteleuropa nicht vollständig von Wald bedeckt. Und der Großteil unserer Artenvielfalt, die wir im Naturschutz erhalten wollen, ist an offene Lebensräume und Habitatkomplexe gebunden. Artenvielfalt braucht ein zeitliches und räumliches Mosaik aus offenem Boden, Weiderasen, Hochstaudenfluren, Röhrichten, Gebüschen, Baumgruppen bis hinzu geschlossenen Wäldern. Beispielsweise sind die meisten Tagfalterarten an Offenland und Säume gebunden. Aber genau diese Bereiche fehlen uns heute durch die strikte Trennung von Wald, Wiese und Acker.
Noch bis zur Einführung der industriellen Land- und Forstwirtschaft sowie der Entwässerung der Moore und Begradigung all unserer großen Flüsse haben viele Arten durchaus Ersatzhabitate in den von Menschen geschaffenen Lebensräumen gefunden. „Kulturfolger“ fanden neue Nischen in den anthropogen geprägten Landschaften mit ihren Äckern, Wiesen, Weiden, Wegsäumen, Hecken, Streuobstwiesen und Hutewäldern.
Aber mit der Intensivierung der Landnutzung, der Einführung von Großtechnik, Pestiziden, Mineraldünger und der Trennung von Wald und Offenland nahm die Artenvielfalt rapide ab.

(Rotterdam 1808 – 1887 Haarlem)
Weidelandschaft.

Von den Pflanzenfressern, die einst die Landschaft mitgestaltet haben, sind uns nur noch Reh und Hirsch geblieben, die anderen kennen wir nur als fossile Reste oder Höhlenmalerei. Wildschweine und Biber gestalten noch in kleinem Rahmen ihre Umgebung. Und ansonsten versuchen Naturschützer mit viel Arbeit, größtenteils im Ehrenamt Artenvielfalt zu bewahren. Dabei besteht der praktische Naturschutz meist aus der Pflege von Wiesen und Weiden.
Gleichzeitig haben wir sehr viel Grünland, das von Pferdehaltern genutzt wird und durchaus das Potential hätte, einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt zu leisten:
- Wenn Pferdeweiden nicht so stark überbeweidet werden und es im Sommer auch Blühaspekte gibt.
- Wenn auch mal Weidereste von Brennnesseln, Disteln oder Beifuss über den Winter stehen bleiben können.
- Wenn man Wilde Ecken und ggf. auch auf das Aufwachsen von Sträuchern wie Wildrose oder Weißdorn zulassen kann.
- Wenn man bestehende Lebensraumstrukturen wie Gehölzgruppen, Kleingewässer oder Totholzhaufen erhält und/oder gezielt fördert.
- Wenn man sich als Pferdehalter mit Wurmkuren zurückhalten würde, nur im Winter eine Wurmkur gibt und ansonsten nur selektiv entwurmt.
- Wenn man auf Schleppen, Walzen und Mulchen während der Brutsaion (Anfang März bis Juli/August) verzichtet.
- Wenn man auf Mineraldünger und Pestizide verzichtet.
- Wenn man auf Nachsaat mit konventionellem Saatgut verzichtet (Ausnahme ist natürlich regiozertifiziertes Saatgut) und lieber auf Pioniervegetation setzt.
So könnten alle Pferdehalter zum aktiven Naturschützer werden. 🙂
Noch mehr konkrete Tipps für Pferdehalter gibt es hier:
