Aktuell findet man relativ viele Tagpfauenaugen auf unseren Pferdeweiden. Die Raupen konnten sich satt fressen an den zahlreichen Brennnesseln und die adulten Tiere finden jetzt noch genug Nektar an den Blüten der Kanada-Goldrute, um gestärkt in die Winterruhe zu gehen.


Es hat sich also zumindest für das Tagpfauenauge gelohnt, dass ich beim Mulchen immer auch Streifen stehen lasse. Wenn man aktuell sieht, was an den Blüten der Goldrute schwirrt und surrt, muss man zugeben, dass sie durchaus ihren Wert für die Natur, auf jeden Fall für Insekten im Herbst hat.
Tagpfauenaugen überwintern in Dachböden, Kellern, Holzstapeln oder anderen geschützten Nischen. Nach der Überwinterung ab März sind sie auf Frühblüher zur Nahrungsaufnahme angewiesen und die Weibchen legen nach der Paarung die Eier an sonnig stehenden Brennnesseln ab. Es werden ca. 50-200 (gut getarnte) Eier an der Blattunterseite angeheftet. Die Raupen schlüpfen nach etwa 2-3 Wochen und nach mehreren Häutungen schlüpfen die Falter meist ab Ende Juli. Sie treten eine Art „Sommerpause“ an und werden im September noch mal richtig aktiv, bevor sie in die Winterruhe gehen.
Wie auch bei anderen Tagfaltern, gibt es – durch die verlängerte Vegetationsperiode als Auswirkung des Klimawandels – auch beim Tagpfauenauge mittlerweile „verpätete, unvollständige Generationen“. Das heisst, die Tiere legen noch mal Eier im Spätsommer/Herbst ab. Aber wenn die Falter dann geschlüpft sind, finden sie keine oder nicht mehr genügend Nahrung. Und so kommen viele Faktoren wie der Einsatz von Pestiziden, das Verschwinden von Strukturen wie Ackerränder, Säume oder Brachen, das exzessive Mulchen im Herbst von Straßenböschungen, Wegrändern etc. zusammen und verursachen das Insektentsterben. Es muss nur mal jeder kurz darüber nachdenken, wie normal Tagfalter in der Kindheit waren und wie oft man heute noch ein Tagpfauenauge sieht.
Auf dem Tagfalter-Transekt auf unseren Pferdeweiden konnte ich dieses Jahr 12 Arten und 53 Individuen aufnehmen. Es waren insgesamt zehn Begehungen von April bis September. Hier eine kurze Zusammenfassung:
- 17x Grünader-Weißling
- 12x Kleiner Kohlweißling
- 5x Tagpfauenauge
- 5x Kleines Wiesenvögelchen
- 3x Resedafalter
- 3x Brauner Feuerfaler
- 2x Großes Ochsenauge
- 2x Hauhechelbläuling
- 1x Kleiner Feuerfalter
- 1x Admiral
- 1x Schachbrettfaler
- 1x Aurorafalter
Das ist eine erhebliche Steigerung zum letzten Jahr. Ich denke, es liegt zum Einen daran, dass mein Transekt nicht wieder als Trail herhalten musste und zum Anderen, dass es nicht so extrem trocken war. Am häufigsten kam dabei der Grünader-Weißling mit insgesamt 17 Individuen und der Kleine Kohlweißling mit 12 Tieren vor.
Die Kohlweißlinge gehören zu den häufigsten Tagfaltern und kommen in allen Habitaten bzw. Biotopen vor. Vor allem der Große Kohlweißling konnte früher in großen Wander-Schwärmen vorkommen und in Kohl-Kulturen beträchtliche Schäden anrichten. Solche Massenvermehrungen werden jedoch seit 1990 nicht mehr beobachtet und in einigen Bundesländern wie NRW steht diese Art bereits auf der Roten Liste…. Sie finden heute Rückzugsräume in Regionen mit Ökolandbau wie beispielsweise in Brodowin.
Wie man auch den folgenden Fotos erkennen kann, finden die Tagfalter auf unseren Pferdeweiden vor allem an der Graukresse Nektar….






So ist zwar auch die Graukresse aus Pferdehaltersicht „der Endfeind“, aber sie hat als Nahrungsquelle durchaus ihren Mehrwert. Lieber wären mir jedoch arten- und kräuterreiche Weiden ohne Graukresse und – na sagen wir mal mit weniger – Kanada-Goldrute.
Zum Thema noch eine Beschreibung von Annette von Droste-Hülshoff aus dem Buch „Bilder aus Westfalen“ (1840):
„Wenige Landschaften mögen […] so voll Nachtigallenschlag und Blumenflor angetroffen werden, und aus der minder feuchten Gegenden Einwandernde wird fast betäubt vom Geschmetter der zahllosen Singvögel, die ihre Nahrung in dem weichen Kleiboden finden. […] aus denen jeder Schritt Schwärme blauer, gelber und milchweißer Schmetterlinge aufstäuben lässt. […] Fast jeder dieser Weidegründe enthält einen Wasserspiegel, von Schwertlilien umkränzt, an denen Tausende kleiner Libellen wie bunte Stäbchen hängen, während die der größeren Art bis auf die Mitte des Weihers schnurren.“
Das Zitat stammt aus dem Vorwort für das Buch „Insektensterben in Mitteleuropa“ und gibt eine ungefähre Vorstellung von dem, wie es mal war. Des Weiteren wurde folgende Literatur für den Eintrag verwendet und kann für die Tagfalter-Bestimmung empfohlen werden:
Bellmann (2009): Der neue Kosmos Schmetterlingsführer – Schmetterlinge, Raupen und Futterpflanzen, Kosmos Verlag
Gelbrecht et al. (2016): Die Tagfalter von Brandenburg und Berlin (Lepidoptera: Rhopalocera und Hesperiidae), Naturschutz und Landschaftspflege in Deutschlad, Beiträge zu Ökologie und Naturschutz Heft 3,4 2016
Settele et al. (2008): Schmetterlinge – Die Tagfalter Deutschlands, Ulmer Verlag