Selektive Entwurmung?

Seit einem Jahr versuche ich auf unserem Ponyhof eine Selektive Entwurmung zu etablieren. Dabei ist die größte Hürde, alle Pferdehalter davon zu überzeugen, dass das sinnvoll ist und entsprechend Kotproben zu sammeln…

Das Motto ist dabei so wenig wie möglich und so viel wie nötig, um die Gesundheit der Pferde zu schonen, die Bildung von Resistenzen zu vermeiden, die Umwelt und vor allem Dungkäfer, nicht zuletzt auch als wichtige Nahrungsressource für Vögel, Fledermäuse etc. zu schonen. Es wurde bereits in vorangegangen Einträgen dargelegt, welche Auswirkungen Entwurmungsmittel auf Natur und Landschaft, insbesondere auf Dungkäfer haben und wie gefährdet diese Artengruppe heute ist.

Besonders stolz bin ich ja auf den Fund des selten gewordenen Stierkäfers bei uns auf den Flächen, der relativ auffällige Löcher gräbt. Der Stierkäfer legt 1-1,5 m tiefe Erdstollen an, in die er zur Ernährung seiner Brut längliche Kotpillen einträgt. Von dem Hauptstollen gehen zahlreiche Nebenstollen ab und das Bauwerk wird von Männchen und Weibchen gemeinsam angelegt.

Aber wie auch immer, letztes Wochenende haben wir die „klassische Nikolaus-Entwurmung“ (ohne vorherige Kotproben) gegeben, um die Entwicklung der Dasselfliege zu unterbinden und mit Equimax auch ein Mittel (Wirkstoff Praziquantel) gegen Bandwürmer zu geben, welche man wohl nur als Zufallsbefund mit Kotproben nachweisen kann. Dafür haben wir die Pferde wieder in ihrer Freitheit eingeschränkt, enger gekoppelt und alle Pferdeäppel entfernt.

Bei ziemlich vielen Haufen, definitv auch einem von Assan konnte man viele, kleine, weiße Würmer sehen, teilweise noch lebend. Nach Expertenmeinung handelt es sich sehr wahrscheinlich um die so genannten kleinen Strongyliden (Cyathostominen). Sie haben die Fähigkeit, sich als Larve in der Darmwand einzukapseln, d.h., wenn genug eierlegende Würmer vorhanden sind, können die Larven bis zu 3 Jahre ruhen und erst bei „Bedarf“ die Entwicklung zum ausgewachsenen Wurm fortsetzen… Diese eingekapselten Larven kann man wohl auch nicht mit dem gängigen Wirkstoff Ivermectin bekämpfen.

Will heißen, auch wenn wir versuchen, die Pferde möglichst extensiv zu halten, auf verschieden Weiden umkoppeln und im Winter die Pferdeäppel an den Heuraufen entfernen, werden wir wohl immer einen gewissen Parasitendruck haben. Aber die Mittel, die uns gegen diese Parasiten zur Verfügung stehen, sollten wir mit Bedacht einsetzen und die Bildung von Resistenzen vermeiden. Der Weg, den ich dabei einschlagen möchte, ist eine Gratwanderung zwischen Gesunderhaltung der Pferde und ein kleinen Beitrag zum Naturschutz, vor allem dem Schutz der Dungkäfer zu leisten. Da heute vor allem Pferde als Nutztiere „draußen“ gehalten werden, sehe ich eine besondere Verantwortung der Pferdehalter für den Erhalt von artenreichem Grünland und der Biodiversität. Natürlich ist dieser Weg unbequemer, aufwendiger und komplizierter als einfach prophylaktisch zu entwurmen, aber auch spannender und wie immer lernt man nie aus…

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