„[…] aus denen jeder Schritt Schwärme blauer, gelber und milchweißer Schmetterlinge aufstäuben lässt. […] Fast jeder dieser Weidegründe enthält einen Wasserspiegel, von Schwertlilien umkränzt, an denen Tausende kleiner Libellen wie bunte Stäbchen hängen…“
Annette von Droste-Hülshoff (1840)

(Ernst Haeckel: Schmetterlinge – Mitteleuropäer, 1914, Wien)
Solch eine Fülle an Insekten können wir uns nicht mehr vorstellen und nur staunen über historische Beschreibungen oder Bilder. Und so schauen wir heute jedem einzelnen zarten Farbtupfer hinterher, der durch die Gegend zappelt.
Selbst im Vergleich zu meiner eigenen Kindheit habe ich den Eindruck, dass es immer weniger Schmetterlinge – und wenn dann nur noch Weißlinge gibt. Dass der Verlust von Insekten nicht nur ein diffuses Gefühl ist, kann spätestens seit der Veröffentlichung des Entomologischen Vereins Krefeld niemand mehr leugnen.
Ursachen sind unter anderem die Intensivierung der Landwirtschaft bei gleichzeitiger Aufgabe der Beweidung nicht mehr rentabler Standorte wie Trockenrasen, Feuchtwiesen oder Hutewälder, der Verlust an Lebensraumstrukturen und der massive, man möchte schon sagen unbekümmerte Einsatz von Pestiziden, künstlichen Düngemitteln und Antiparasitika.
Mit dem Projekt Artenvielfalt auf der Pferdeweide versuche ich seit Herbst 2019 zumindest dieses Kleinod mit zehn Hektar extensiver Beweidung gegen den allgemeinen Trend zu stellen. Um die Effekte zu dokumentieren habe ich Fotopunkte, ein Vegetationstransekt und ein Tagfalter-Transekt eingerichtet.
Folgende Tabelle listet die Arten mit ihrer jeweiligen Individuenanzahl bei etwa zehn Begehungen im Jahresverlauf zwischen April und Ende September auf.

Dabei sind die Zahlen nicht ganz repräsentativ, da ich zum Einen das Transekt nicht so oft begehen konnte, wie man sollte (1x Pro Woche) und zum Anderen auch Sichtungen außerhalb des Transektes in die Auswertung eingegangen sind. Insbesondere in diesem Jahr wären die Zahlen sonst zu deprimierend, da auf dem Transekt aufgrund der anhaltenden Dürre nichts mehr geblüht hat. Insgesamt muss man sagen, dass die Graukresse (ansonsten Staatsfeind Nr. 1) fast die einzige verbliebene Nektarpflanze im letzten Sommer war…



Insgesamt habe ich auf den Weiden in den letzten drei Jahren 16 Tagfalterarten gesichtet. Das ist ziemlich wenig und man sieht auch die verschwindend geringe Anzahl der Individuen, abgesehen von den Weißlingen. Um es positiv zu umschreiben, da ist noch sehr viel Luft nach oben…
Laut des Verbreitungsatlas gibt es in Berlin und Brandenburg 118 Tagfalterarten, von denen ca. 35% gefährdet sind und einige bereits ausgestorben sind. Um die 30 Arten gelten noch als weit verbreitet, zeigen jedoch auch einen negativen Bestandstrend.
Also, es gibt noch viel zu tun! Und jeder der Grünland bewirtschaftet trägt eine Verantwortung. Mit folgenden Maßnahmen kann man Schmetterlingen und anderen Insektengruppen helfen:
- Verzicht auf Mulchen von Weideresten und wenn gemulcht wird, Bereiche für Insekten stehen lassen, da die Eier und Puppen vieler Arten an der überständigen Vegetation überwintern
- Verzicht auf Pestizide aller Art, auch Simplex & co., denn Gift ist giftig
- Selektive Entwurmung
- Vermeidung von Überbeweidung beispielsweise durch Umtriebsbeweidung und damit Förderung von blütenreichen Weiden
- wenn sich eine Überbeweidung nicht vermeiden lässt, kann man zumindest „wilde Ecken“ schaffen, in dem man Koppelecken auszäunt und gleichzeitig als „Falle“ für rangniedrige Pferde entschärft